„Wahnsinn“, schwärmte Malaika Mihambo; „eine kranke Stimmung“, jubelte Torben Blech; „großartig“, empfand Daniel Roberts. Das 11. ISTAF INDOOR in der Berliner Mercedes-Benz Arena war am Freitagabend eine Liebeserklärung an die Leichtathletik. Beim weltweit größten Meeting unterm Hallendach peitschten die 12.150 Fans die Athletinnen und Athleten zu Höchstleistungen und feierten mit ihnen einen Abend voller Höhepunkte.
In einem Pyro-Funkenmeer reckte Malaika Mihambo ihre Arme zur Decke der Mercedes-Benz Arena und sprang jubelnd vor der Weitsprung-Anlage in die Höhe. Umringt von Fotografen war sie kurz zuvor im letzten Versuch des ISTAF INDOOR in Berlin auf 6,95 Meter geflogen und wurde von den 12.150 Fans lautstark gefeiert. Weiter ist in diesem Winter keine andere europäische Athletin gekommen – und weltweit nur eine Kontrahentin. Natürlich sprang die Olympiasiegerin ihre Top-Weite wieder im sechsten Versuch – wie schon so oft in ihrer überragenden Karriere. Gleichzeitig war es der viertbeste Hallen-Wettkampf überhaupt für die 30-Jährige von der LG Kurpfalz.
„Es war wieder der Wahnsinn, hier beim ISTAF INDOOR. Es hat so viel Spaß gemacht in der vollen Halle zu springen“, jubelte Malaika Mihambo nach ihrer Gala-Vorstellung und bedankte sich bei den enthusiastischen Fans. Ihr Ziel vor dem Wettbewerb: eine neue Saisonbestleistung. „Das ist mir dank der tollen Atmosphäre auch gelungen. Das nehme ich nun mit in den Sommer. Ich habe verstanden, was ich richtig machen muss.“ Für Malaika Mihambo war es der letzte Wettkampf einer starken Hallensaison. Hinter der Weitsprung-Großmeisterin gab’s weitere Top-Leistungen. Annik Kälin (Schweiz) und Larissa Iapichino (Italien) landeten gleich dreimal exakt bei 6,75 Metern. Da der Schweizerin dieses Kunststück zweimal gelang, belegte sie Rang zwei. Auf den Plätzen vier und fünf folgten mit starken Weiten Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden; 6,69 m) und Laura Raquel Müller (Unterländer LG; 6,64 m). „Ich hatte heute ein paar Probleme mit dem Anlauf. Aber die Weite gibt ein gutes Gefühl für die Hallen-WM kommende Woche. Ich habe das ISTAF INDOOR mit den tollen Fans genossen und nehme das als Push für die Hallen-WM. Ihr könnt nun öfter mit mir beim ISTAF rechnen“, so Mikaelle Assani.
Im Stabhochsprung hatten die Zuschauer schon den Jubelschrei für eine neue Weltjahresbestleistung auf den Lippen. Im ersten Versuch riss Ernest John Obiena (Philippinen) die aufgelegten 6,03 Meter nur denkbar knapp. Damit hätte er die tags zuvor erzielte Jahresbestmarke von Weltrekordler Armand Duplantis (Schweden) um einen Zentimeter gesteigert. „Ich bin happy. Ich habe noch mehr im Tank und will die sechs Meter in der Halle springen. Die Zuschauer haben mich gepusht, es hat hier beim ISTAF INDOOR wieder viel Spaß gemacht. Leider ist mir bei 6,03 Metern etwas die Kraft ausgegangen“, sagte Obiena. Trösten durfte sich der Vize-Weltmeister mit einem neuen asiatischen Hallenrekord von 5,93 Metern. Die ein Vierteljahrhundert alte Bestmarke von Igor Potapovich (Kasachstan) steigerte Ernest Obiena um einen Zentimeter.
Jubelnd, die Fäuste geballt, ließ Torben Blech nach dem dritten Sprung über 5,66 Meter seiner Freude freien Lauf. Der Leverkusener kämpfte sich zu kölscher Karnevalsmusik und unterstützt von den 12.150 Fans in den Wettkampf. Mit 5,66 Metern belohnte er sich mit Platz vier und einer neuen deutschen Jahresbestleistung. Den Sprung aufs Podest verpasste Torben Blech hinter Tray Oates (USA; 5,75 m) und Robert Sobera (Polen; 5,66 m) nur knapp. „Ich hatte beim Einspringen. Schmerzen am Fuß. Dann hat der Physio den Fuß gerichtet. Die Stimmung war komplett krank, wie schon beim ISTAF INDOOR in Düsseldorf. Aber hier war es noch ein anderes Level. Das beflügelt und gibt so viel Energie“, so Torben Blech.
Zum Abschluss des ISTAF INDOOR sorgten die wurfgewaltigen Frauen und Männer im legendären wie weltweit einzigartigen Diskus-Duell noch einmal für Staunen auf den Rängen. Das Duell entschieden nach vier Durchgängen die Männer mit 28:22 Punkten zum zweiten Mal für sich. Angeführt wurde das Sieger-Team von Kristjan Čeh (Slowenien). Der Weltmeister von 2022 steigerte gleich zweimal den Meetingrekord. Zunächst auf 64,99 Meter, um im zweiten Versuch 65,72 Meter nachzulegen. Dafür gab’s drei Extra-Punkte in der Gesamtwertung. Kristjan Čeh: „Ich bin stolz auf meinen Meetingrekord. Es war verdammt laut hier in der Arena. Ein tolles Erlebnis.“
Bei den Frauen sorgte Jorinde van Klinken (Niederlande) mit 63,50 Metern für das Top-Resultat. Knapp dahinter reihten sich die Olympia-Zweite Kristin Pudenz (SC Potsdam; 63,38 m), Shancie Craft (SV Halle; 62,68 m) und Julia Harting (SC Neubrandenburg; 60,61 m) ein. Auch alle Männer übertrafen die prestigeträchtige 60-Meter-Marke: Hinter Kristjan Ceh folgten der Deutsche Meister Henrik Janssen (SC Magdeburg; 61,92 m), Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01; 61,91 m) und Rio-Olympiasieger Christoph Harting (LG Nord Berlin; 60,41 m).
In Rekordlaune präsentierte sich Emmanuel Eseme den Leichtathletik-Fans. Der Kameruner verbesserte gleich zweimal seinen eigenen Landesrekord über 60 Meter. Nach 6,59 Sekunden im Vorlauf brannte er im Finale sogar 6,55 Sekunden auf die Bahn. „Das Publikum war unfassbar, ich bin so dankbar. Die Saison war perfekt, da ich auch keine Verletzungen hatte. Jetzt freue ich mich auf die Hallen-WM, denn ist meine erste Hallensaison überhaupt“, jubelte Emmanuel Eseme nach seinem Rekord-Double. Ebenfalls in Feierlaune: Markus Fuchs. Der Österreicher stürmte mit 6,60 Sekunden auf einen starken zweiten Platz und musste sich erst auf den letzten zehn Metern dem ISTAF INDOOR Sieger geschlagen geben. Als Vierter überzeugte Robin Ganter (MTG Mannheim) mit 6,66 Sekunden. „Die Kulisse war hervorragend. Es war schön laut in der Halle, das pusht ungemein. Es ist wichtig für mich, dass ich in solchen Wettkämpfen mit vielen Topstars mitlaufen kann und meine Leistung abrufe“, erzählte der Deutsche Hallenmeister über 200 Meter.
Bei den Frauen stürmte Zaynab Dosso voran. Die 2024 stark verbesserte Italienerin konnte sich sogar einen schwächeren Start leisten und das Rennen ich starken 7,09 Sekunden für sich entscheiden. Dahinter folgten Zoe Hobbs (Neuseeland; 7,19 sec) und Vorjahressiegerin Daryll Neita (Großbritannien; 7,20 sec). „Ich hatte drei Jahre mit Verletzungen zu kämpfen. Dieses Jahr kann ich zeigen, was ich kann. Ich bin absolut begeistert vom ISTAF INDOOR. Eine Atmosphäre wie in Berlin gibt’s sonst nirgendwo“, war die Italienerin begeistert von der Unterstützung in der Mercedes-Benz Arena.
Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) und die Deutsche Hallenmeisterin Rebekka Haase (Sprintteam Wetzlar) liefen im Finale mit 7,26 und 7,32 Sekunden auf die Plätze fünf und sechs. Elegant und schnell lief Daniel Roberts (USA) über 60 Meter Hürden ins Ziel. Mit 7,52 Sekunden war der WM-Dritte eine Klasse für sich und gewann vor David King (Großbritannien; 7,59 sec) und Job Geerds (Niederlande 7,66 sec). Manuel Mordi (Hamburger SV) wurde im Finale mit 7,70 Sekunden Fünfter. „Ich war gehyped von der tollen Stimmung, dass ich in die erste Hürde gerannt bin“, sagte der Deutsche Meister. Im Vorlauf lief es runder. Da steigerte der Deutsche Meister seine Bestzeit auf 7,65 Sekunden und feierte das unter dem Applaus der Fans ausgelassen.
Ebenfalls zur neuen Bestzeit stürmte bei den Frauen Marlene Meier. Die Leverkusenerin verpasste als Vierte mit 8,09 Sekunden das Podium nur um eine Hundertstelsekunde. Den Sieg über 60 Meter Hürden holte sich die ungarische Meisterin Greta Kerekes mit 8,01 Sekunden vor Nooralotta Neziri (Finnland; 8,05 sec) und Veronica Besana (Italien; 8,08 sec). „Einfach Hammer das Meeting, überragend. Ich bin nach dieser Hallensaison ready für den Sommer“, freute sich Marlene Meier nach ihrem umjubelten Bestzeit-Coup.
Bei der ersten Entscheidung des Abends wurden die Para-Sprinter von den 12.000 Fans in der Mercedes-Benz Arena frenetisch gefeiert. Auf der blauen Sprintgeraden zog Maxcel Amo Manu seinen Konkurrenten unwiderstehlich davon und siegte in 7,15 Sekunden. Damit machte der Italiener den Doppelsieg über 60 Meter nach dem ISTAF INDOOR Anfang Februar in Düsseldorf perfekt. Dahinter folgten Olivier Hendriks (Niederlande; 7,44 sec) und Paralympicssieger Johannes Floors (7,69 sec). Der Leverkusener hatte auf der zweiten Rennhälfte ein paar Probleme und konnte dem Speed des Doppelweltmeisters Maxcel Amo Manu nicht mehr folgen. Die Para-Sprinter zählen zu verschiedenen Startklassen, sodass aufgrund der unterschiedlichen Einschränkungen größere Abstände nicht ungewöhnlich sind.
Meetingdirektor Martin Seeber: „Einfach grandios! Die Stimmung war einmalig. Wir bedanken uns ganz herzlich bei den herausragenden Fans und den fantastischen Sportlerinnen und Sportlern. Wahnsinn, wie mehr als 12.000 Fans die Arena zum Kochen gebracht haben.“